Sehr geehrter Damen und Herren,
liebe Vereinsvertreterinnen und Vereinsvertreter,
erst am Mittwoch haben Sie Post von mir bekommen, in der ich Ihnen die Empfehlung des Verbands-Fussball-Ausschusses (VFA) zum Abbruch und zur Wertung der Saison vorgestellt und erläutert habe. Nur ein paar Stunden später verkündet die nordrhein-westfälische Landesregierung, dass ab dem 30. Mai auch Sportarten wieder aufgenommen werden können, bei denen der Körperkontakt unvermeidlich ist. Darunter fällt selbstverständlich auch der Fußball.
Ich war – wie Sie vielleicht auch – von dieser weitgehenden Öffnung des Sportbetriebs völlig überrascht. Deshalb gestatten Sie mir ein paar persönliche Worte zu dieser Mitteilung des Landes. Für mich fühlt es sich an, wie ein öffentlich stattfindender Öffnungs- Überbietungswettbewerb unter dem Motto: “Alles was Du kannst, kann ich viel besser”. Was sich spontan als „frohe Botschaft“ ausgibt, entpuppet sich bei gründlichem Überdenken aus meiner Sicht als voreilig, unausgegoren und hoch riskant.
Wir alle wären sicher uneingeschränkt froh, wenn es nur einer solchen „Öffnungsklausel“ bedürfte, um wieder dahin zurückzukehren, wo wir aufgehört haben. Aber das Virus bleibt, und ihm ist unser Spaß am Fußball völlig egal. Zudem bleiben zahlreiche essenzielle Fragen in der Regierungsmitteilung zunächst unbeantwortet: Was passiert, wenn sich durch den Fußball das Virus wieder ausbreitet? Dann werden wir wohl oder übel zu einem erneuten Lock down zurückkehren müssen. Damit wird es immer schwerer, einen geregelten Spielbetrieb aufrechtzuerhalten und auf einem unanfechtbar sportlichen Weg über Aufstieg und Abstieg entscheiden zu lassen. Was passiert, wenn sich einzelne Spieler oder Funktionsträger infizieren und die gesamte Mannschaft in Quarantäne muss? Was passiert, wenn Spielern das Risiko zu spielen, zu groß ist? Kann der Verein sie dazu zwingen oder steht dann zwangsläufig eine andere Mannschaft auf dem Spielfeld als die zu Saisonbeginn? Was passiert, wenn ganze Mannschaften sich weigern, auf den Platz zu gehen, weil sie das Infektionsrisiko fürchten?
Wie sehen die Hygienevorgaben für unsere Sportvereine aus und können sie diese erfüllen? Ist es auf Sportanlagen ohne Zäune oder Hecken möglich auch zufällig vorbeikommende Zuschauer abzuhalten? Die Mitteilung der Landesregierung wirft für unseren Fußballverband mehr Probleme auf als sie löst.
Um es ganz deutlich zu sagen: Das Präsidium sieht auch nach der Öffnungsmitteilung der Landesregierung nicht den geringsten Anlass, von der Empfehlung zum Saisonabbruch abzurücken. Wir halten diesen für verantwortbarer als die Weiterführung der Saison.
Wenn wir jetzt unsere Empfehlung zum Abbruch der Saison infrage stellen und eine Weiterführung der Saison beschließen würden, würden wir die Mannschaften zwingen, wieder am Spielbetrieb teilzunehmen. Dürfen wir das als Verband überhaupt? Haben wir nicht vielmehr die Pflicht, aus Verantwortung für die Spieler, die Trainer und Betreuer, die Familien, die Zuschauer das Risiko gegen Null zu fahren? Ich meine, ja. Wenn andere die Negierung dieser Verantwortung meinen tragen zu können, wir wollen das nicht. Auch nicht, wenn es – wie ich annehme – Diskussionen geben wird. Nicht zuletzt, weil man glaubt, seine Interessen doch noch durchsetzen zu können.
In einer solchen Extremsituation, in der ein Niesen schon eine Infektionskette auslösen kann, ist nichts wichtiger als der Gesundheitsschutz, der durch den Wegfall einer behördlichen Verfügung nun wieder in den privaten Bereich verlagert wird. Das gilt dann natürlich auch für die Verantwortung.
Um es noch einmal zu betonen: dass der Verbands-Fußball-Ausschuss und/oder das Präsidium sich zu einer Abkehr von der vorliegenden Beschlussempfehlung bereitfinden würden, glaube ich nicht, es sei denn, dass ein außerordentlicher Verbandstag uns dazu zwingen würde. Das sehe ich nicht. Ich halte aber überhaupt nichts davon, beim ersten Widerstand nach dem Motto zu verfahren: „Vorwärts Kameraden, wir müssen zurück!“ Wir haben den Vereinen Planungssicherheit versprochen. Machen wir jetzt keine Echternacher Springprozession daraus: „Zwei Schritte vorwärts, einen zurück.“
Mit freundlichen Grüßen
Gundolf Walaschewski FLVW-Präsident